Faktencheck Schwebebahn

Es ist ein wenig seltsam: Da ist ein Teil der Bevölkerung plötzlich elektrisiert von der Idee einer Schwebebahn (die exakte Bezeichnung lautet „automatisch gesteuerte Großkabinen-Hängebahn“). Auf derselben Trasse wie die Röhrtalbahn, nur eben über der Trasse. Darunter soll die ehemalige Bahnstrecke zu einem Radweg umgebaut werden. Zwei Highlights in einem!

Geniale Idee, oder? Auf den ersten Blick vielleicht…

Bei näherer Betrachtung ergeben sich aber ein paar Fragen:

Fangen wir einmal bei dem Konzept „Schwebebahn“ an: Ja, die gibt es in Deutschland in mehreren Städten. Da wäre einmal Dortmund. Dort verbindet die „H-Bahn“ das Technologiezentrum mit der Universität – im 5-Minuten-Takt. Die Streckenlänge beträgt insgesamt 3,162 km. In Düsseldorf verkehrt der Sky-Train. Am Flughafen auf einer Länge von 2,5 km. Im 3-Minuten-Takt.

Merken Sie etwas? Schwebebahnen ergeben absolut Sinn! Auf kurzen Strecken, die innerhalb kürzester Zeit viele Menschen befördern.

Handelt es sich bei der Situation in Sundern um eine solches Szenario? Wohl kaum. Die Röhrtalbahn soll Menschen von Sundern zum Bahnhof nach Neheim-Hüsten befördern, damit sie von dort Anschluss an die Obere Ruhrtalbahn und weiter an den Fernverkehr haben. Und das in einem sinnvollen Takt.

Kosten? Sicherheit der Radfahrer*innen?

Wie sehen das die Radfahrer*innen? Die jetzige Trasse quert viermal vielbefahrene Straßen, u.a. die B229. Schon alleine aus Sicherheitsgründen müssten diese Querungen mit einer Ampel versehen sein. Nun lassen sich Radfahrer*innen ungern so takten wie Züge. Bei einer intensiven Nutzung der Strecke wären also die Ampeln deutlich öfter auf Rot als bei einem 60-Minuten-Takt der Bahn.

Weitere Fakten: In einen normalen Regionalzug passen sitzend ca. 130-150 Personen (zweiteiliger Dieseltriebwagen). Hinzu kommen theoretisch noch einmal 50% Stehplätze. Ein Wagen der H-Bahn Dortmund fasst 16 Sitz- und 29 Stehplätze.

Schauen wir uns mal die Kostenseite an: In Dortmund kosteten 1979 (!) die ersten 1,05 km 24.000.000 DM, also grob 12.000.000 €. Die weitere Verlängerung um 1,212 km schlug mit 14.000.000 € zu Buche. In Düsseldorf betrugen die Baukosten für 2,5 km rund 150.000.000 €, wovon der Flughafen-Bahnhof 35.000.000 € verschlang (Quelle: Wikipedia – dort sind die Links zu den Original-Quellen).

Die Strecke von Sundern nach Neheim-Hüsten beträgt rund 13,5 km. Mit welchen Kosten können wir rechnen?

Legen wir nur die Kosten des Baus in Dortmund zugrunde – ohne die Tatsache, dass die Strecke durch Wohn- und Gewerbegebiete führt (z.B. bei OpenStreetMap kann man das schön sehen). Ignorieren wir weiter, dass eine Zusammenführung einer Hochbahn mit dem Bahnhofsgelände, also dem schienengebunden Verkehr in Neheim-Hüsten ein nicht kalkulierbares Projekt ist. Preissteigerungen lassen wir ebenfalls außen vor.

Dann kostet der Bau dieser Strecke ohne die genannten Unwägbarkeiten 13,5 x 12.000.000 € = 162.000.000 €.

Die Reaktivierung der Röhrtalbahn kostet nach einer Berechnung von 2011 rund 13.000.000 €. Das Gleis 4 in Neheim-Hüsten ist bereits für den Anschluss vorgesehen. Diese Kosten würden aus Mitteln des Bundesverkehrswegeplans bestritten. Der Neubau einer Hochbahn wäre dagegen Sache der Städte Sundern und Arnsberg. Ebenso der Radweg.

Geniale Idee?