Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/ Die Grünen Irmgard Harmann-Schütz

Rede zum Haushalt der Stadt Sundern für die Jahre 2022 und 2023 gehalten von der Fraktionsvorsitzenden Irmgard Harmann-Schütz von Bündnis 90/Die Grünen in der Ratssitzung am 20.01.2022

– es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Mitarbeiter*Innen der Verwaltung, sehr geehrte Ratsmitglieder, sehr geehrte Gäste und Vertreter*Innen der Presse,

zunächst möchte ich der Kämmerin Frau Schnelle und ihrem Team, den Fachbereichsleitungen sowie der Behördenleitung danken, für den außerordentlichen Einsatz in den letzten Wochen, der gewiss erforderlich war, um den umfangreichen Haushaltsplan für die Jahre 2022 und 2023 auszuarbeiten. Vielen Dank dafür!
Liebe Ratsmitglieder, möglicher Weise führt der ein oder andere von ihnen in seinem Privathaushalt ein Haushaltsbuch, um die Einnahmen und Ausgaben im Blick zu behalten. In meiner Familie wird ein solches Haushaltbuch geführt. Es ist ein sehr hilfreiches Instrument, um Einsparungspotentiale zu erkennen und um sich Ausgabenspielräume zu schaffen.

Wie in jedem Privathaushalt, so kann auch in einem öffentlichen Haushalt mal mehr ausgegeben, als eingenommen werden. Aber wir alle wissen, dass dieses am Ende zu leeren Kassen führt. Machen wir uns daher mit Bezug auf die Corona-Pandemie und die Hochwasserkatastrophen im vergangenen Jahr nichts vor, diese Ereignisse haben zu deutlichen Mehrausgaben in den Kommunen, den Ländern und im Bund geführt. Diese Mehrausgaben werden die nächsten Jahre die öffentlichen Haushalte belasten. 2020 hatte Deutschland bereits ein Haushaltsdefizit von 4,3 Prozent zu verbuchen; der zweithöchste Wert in den vergangenen 30 Jahren.
Ebenso werden die Folgen der Corona-Ausnahmesituation in der Wirtschaft deutlich. Im Jahr 2020 ist die Produktion in Folge der Pandemie um 4,6 Prozent eingebrochen. Auch 202 1fiel das Bruttoinlandsprodukt geringer aus als vom Statistischen Bundesamt erhofft.
Vor diesem Hintergrund war die Zielstellung der GRÜNEN-Fraktion bei den Haushaltsplanungen für die Jahre 2022 und 2023, eine Verlässlichkeit und Zukunftsorientierung der Mittelbewirtschaftung für diesen Zeitraum herbeizuführen. Verlässlichkeit insbesondere auf der Einnahmenseite und Zukunftsorientierung auf der Ausgabenseite.

So wurden verschiedenen Optionen mit der Kämmerin durchgespielt, auf welche Weise es gelingen kann, auf der Ausgabenseite ausreichend Mittel für die Pflichtaufgaben sowie für die erforderlichen Entwicklungsspielräume zu schaffen. Eine für uns schlüssigste Lösung, um dieses zu erreichen, ist die Erhöhung der Grundsteuer A und B. Damit verursachen wir zwar eine geringfügige jährliche Mehrbelastung der privaten Haushalte, setzten dieser vertretbaren Erhöhung der Grundsteuer jedoch auch Maßnahmen entgegen, die einen Gewinn für die Bürger*innen bedeuten.

Von welchem Mehrwert für die Bürger*innen sprechen wir?
Mit den Stimmen der GRÜNEN wird bewirkt, dass in den nächsten zwei Jahre

– dringend erforderliche Sanierungen beziehungsweise Neubauten, in verschiedenen Bereichen der kommunalen Infrastruktur umgesetzt werden können.

– die Innenstadtentwicklung mit dem Ziel verfolgt werden kann, einen lebendigen Begegnungs- und Angebotsraum     für alle Bürger*innen der Stadt zu schaffen.

– die Erreichung der Klimaneutralität bis 2030 in den Fokus kommunalen Handels gerückt wird.

Somit haben die Bürger*innen von dieser vertretbaren Erhöhung der Grundsteuern einen Zugewinn. Vertretbar insofern, als dass die Erhöhung der Grundsteuer B einer Mehrbelastung von rund 75,- Euro für einen durchschnittlichen Haushalt pro Jahr entspricht. Die Erhöhung der Grundsteuer B bedeutet für die Forst- und Landwirtschaft eine durchschnittliche Mehrbelastung von 11,11 Euro je Steuerfall pro Jahr. Wenn wir uns hierzu vor Augen halten, dass im Jahr 2018 das Primäreinkommen pro Einwohner*in der Stadt Sundern bei 37.136 Euro lag, ist eine Erhöhung der Grundsteuer A in dem zuvor dargestellten Rahmen durchaus vertretbar. Ähnliche Zahlen lassen sich in Bezug auf die Grundsteuer B darstellen.

Warum keine Gewerbesteuererhöhung?
Wie eingangs beschrieben, weisen die aktuellen Entwicklungen darauf hin, dass wir mit einer Verringerung der Umsätze rechnen sollten. Daher stellt eine Erhöhung der Gewerbesteuer vor solch einem Hintergrund eine unberechenbare Größe in der Haushaltsplanung dar. Eine solche Schwachstelle in die Finanzierung der Haushalte von zwei Jahren einzuplanen, scheint uns zu riskant. Wir möchten verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, in einer Welt, die von immer größeren Unwägbarkeiten betroffen ist.

Soviel zur Einnahmenseite der Haushaltsjahre 2022 und 2023. Schauen wir uns die Ausgabenseite einmal genauer an.

Welche Maßnahmen sollen auf Beantragung und Unterstützung durch die GRÜNE-Fraktion zur Umsetzung kommen?

Unser zentrales Ziel ist die Klimaneutralität der Stadt Sundern bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Dazu haben wir bewirkt, dass in die Grundsätze zur Haushaltsführung aufgenommen wird, dass künftig alle baulichen Maßnahmen und möglichst auch Beschaffungen der Stadt auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen sind und im Rahmen des Machbaren entsprechend umzusetzen sind. Darüber hinaus soll auf eine entsprechende Anwendung im gesamten kommunalen Raum hingewirkt werden.

Zudem haben wir uns dafür eingesetzt, dass Mittel für verschiedenste Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität in den Haushaltsplanungen Niederschlag finden. Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem die Einrichtung der Stelle eines Klimamanagements, die energetische Renovierung kommunaler Gebäude, die Ausstattung kommunaler Gebäude mit Photovoltaikanlagen sowie der Ausbau von Fahrradwegen. Ferner beschäftigen wir uns mit den Themen Windkraftanalgen im Stadtgebiet und die Entwicklung des Stadtwaldes.

Als Klimaanpassungsmaßnahme treten wir für die Erstellung und Umsetzung eines umfassenden Konzeptes zum Hochwasserschutz im Stadtgebiet ein.

Für den Bau von zwei neuen Kindertagesstätten in der Stadt haben wir uns bereits ausgesprochen und wir werden die Umsetzung der Maßnahmen einfordern. Ebenso werden wir darauf pochen, dass eine weitere Stelle der Schulsozialarbeit zum Sommer 2022 besetzt wird.

In dem breiten Spektrum des bürgerschaftlichen Engagements haben wir uns für die Einstellung zusätzlicher Mittel ausgesprochen. So werden neben verschiedenen vereinseigenen Sporteinrichtungen und kulturellen Vereinen auch die DLRG und, was uns besonders wichtig ist, der Tierschutzverein Sundern durch Förder- beziehungsweise Spendengelder unterstützt.

Mit unserer Beantragung von Mitteln zur Durchführung des Landesprogrammes Kulturrucksack kann ein weiteres Angebot zur kulturellen Bildung an unseren Schulen gemacht werden. Auf das Thema Kultur wird in den Haushalten 2022 und 2023 ein besonderer Focus gelegt. Durch die weitere fachliche Begleitung in dem Prozess zur Einrichtung eines Kultur- und Begegnungshauses streben wir an, künftig für die Bürger*innen der Stadt ein offenes Haus in zentraler Lage anbieten zu können. Ein Haus, dass durch vielfältige kulturelle und gesellschaftliche Nutzungsmöglichkeiten zu einem identitätsstiften Ort im Stadtzentrum werden soll.

Gemeinsam mit der CDU-Fraktion haben wir Anträge zu den zuvor aufgeführten Themen gestellt und mit der Stimmenmehrheit unserer beiden Fraktionen wollen wir diese Themen voranbringen.

Daher wird die GRÜNE-Fraktion dem vorliegenden Doppelhaushalt zustimmen.

Was wäre sonst noch zu sagen?
Natürlich gibt es weitere Themen, für die wir GRÜNE-Politiker*innen uns einsetzen, für die wir noch mehr, beziehungsweise weitreichendere Maßnahmen fordern sollten. Aber wir GRÜNE haben uns bei den Haushaltsberatungen auf wesentliche Themen konzentriert, um diese konsequent verfolgen und umsetzen zu können. Vor diesem Hintergrund war eine Maxime für unsere Entscheidungen „kein ideologisches Wunschkonzert“ im Rahmen der Haushaltberatungen anzustimmen. Viel mehr war es unser Ziel faktenorientiert Anträge zu stellen, die eine Chance auf Realisierung haben.

Wie stellen wir uns die Zukunft vor?
Nur wenn wir konstruktiv zur Lösung der anstehenden ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen beitragen, können wir Veränderungen bewirken.
Veränderungen, also ein Nach- und Umdenken für unsere Stadt. Neue Wege für und mit den Bürger*innen unserer Stadt zu gehen, ist das Ziel. Nur neue Wege können dazu beitragen, dass wir nachfolgenden Generationen eine Zukunft in Sundern ermöglichen.
Solch neue Wege werden bereits seit dem Antritt von Klaus-Rainer Willeke als Bürgermeister unserer Stadt begangen. Eine Vielzahl von Veränderungen hat es bereits in der Verwaltung gegeben und die Agenda der Neuerungen ist längst noch nicht abgearbeitet. Erste Wirkungen dieses Veränderungsprozesses werden in der Verwaltung, im politischen Raum als auch in der Öffentlichkeit deutlich. Aber es ist ein langwieriger Prozess, bis dass ein deutlich angeschlagenes Schiff wieder Fahrt aufnimmt.

Wir GRÜNE sind bereit, diesen Veränderungsprozess positiv zu begleiten. Nicht zuletzt deshalb, weil wir gar keine andere Wahl haben.

Mein Vater pflegte früher von den „Stadtsoldaten“ zu sprechen und meinte damit die Verwaltungsmitarbeitenden. Manchmal denke ich heute, eigentlich war dieser Ausdruck gar nicht so verkehrt. Wir brauchen wirklich eine schlagkräftige Truppe im Rathaus, um die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft stemmen zu können.
Aber wir brauchen auch die Bürger*innen, die uns Vertrauen schenken. Die daran glauben, dass Veränderung möglich ist, dass wir es schaffen können, Sundern für die Zukunft aufzustellen.

Wir GRÜNE wollen Zukunft schaffen, für die Bürger*innen der Stadt aber auch mit den Bürger*innen der Stadt. Wir laden Sie ein, sich einzubringen. Sprechen sie uns Politiker*innen an, lassen sie uns in den Austausch darüber kommen, was wir gemeinsam für unsere Stadt tun können.
Wir sitzen in einem Boot. Steigen sie ein! Vielleicht werden wir gemeinsam zu den „Röhrpiraten“, die sich aufmachen, auf ein großes Abenteuer. Das Abenteuer wirklich mal umzudenken, etwas Neues auszuprobieren.
Aber egal unter welcher Flagge wir unterwegs sind, wichtig ist nur, dass wir, also Bürger*innen, Politik und Verwaltung gemeinsam die Herausforderungen der Gegenwart, für die Zukunft unserer Stadt angehen.
Ein bisschen Veränderung wird uns allerdings nicht helfen, der Klimakrise etwas entgegen zu setzen. Wir brauchen etwas ganz Anderes. Wir brauchen ein neues Bewusstsein für unsere Kulturlandschaft, für unseren Wohn- und Lebensraum und für eine neue Mobilität im ländlichen Raum.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!